Unser Gesundheitssystem ist überlebenswichtig.

Wir alle zählen auf ein leistungsfähiges System, das nicht nur Leben schützt, sondern das Leben in Deutschland gesund und lebenswert macht.

Health Tranformation Panel

Der Health Transformation Hub der Bertelsmann Stiftung startet das Health Transformation Panel – eine exklusive Umfrage unter 257 Personen, die das Gesundheitswesen maßgeblich mitgestalten. 

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Wie können wir die Gesundheitsversorgung künftig sicherstellen?

Die Herausforderung ist groß. Es muss auch für Zeiten, in denen mehr Menschen medizinische Versorgung benötigen, aber weniger Menschen diese leisten können, eine qualitativ hochwertige und gut erreichbare Gesundheitsversorgung organisiert werden. Die Grund- und Primärversorgung muss in der Fläche sichergestellt sein, auch in strukturschwachen Gebieten. 

Um dafür die richtige Versorgungstruktur zu finden, geben drei Leitkriterien Orientierung: 

Subsidiarität bedeutet, der „kleineren“ Einheit, die näher am Menschen ist, den Vorrang zu geben. Auf unser Gesundheitswesen übertragen bedeutet das, eine möglichst wohnortnahe Versorgung mit möglichst geringer Eingriffsintensität anzustreben. Wenn es der Gesundheitszustand zulässt, heißt das: digitale Möglichkeiten ausschöpfen, Hausarzt vor Facharzt konsultieren, ambulant vor stationär behandeln und nur operieren, wenn es wirklich notwendig ist. Das schützt nicht nur die Patienten, sondern entlastet alle Fachkräfte in den Gesundheitsberufen. Und es hilft, die Gesundheitsversorgung auch bei knappen Ressourcen sicherzustellen.

Spezialisierung kann in zwei Bereichen erfolgen. In der Diagnostik und Therapie sorgt sie insbesondere bei seltenen und komplexen Erkrankungen dafür, dass Ärzte und Therapeuten genügend Erfahrung sammeln, um Patienten gut behandeln zu können. Spezialisierung der Berufsgruppen hilft in der Grund- und Primärversorgung, die wohnortnahe Versorgung sicherzustellen: Wenn Ärzte sich auf ihre originär ärztlichen Tätigkeiten konzentrieren können, das Zusammenspiel der Gesundheitsberufe

verbessert wird und spezialisierte Fachkräfte die Praxisorganisation übernehmen, werden Versorgungsengpässe abgemildert oder lösen sich auf. Für Patienten wird es dadurch einfacher, einen Termin zu bekommen.  

Konzentration findet auf zwei Ebenen statt. Eine überregionale Konzentration dient dazu, bei seltenen und hochkomplexen Erkrankungen die Fälle zu bündeln und so eine Spezialisierung der behandelnden Ärzte und im Endeffekt eine bessere Behandlungsqualität zu erreichen. Eine lokale Konzentration – die Zusammenarbeit mehrerer Ärzte und/oder Gesundheitsberufe unter einem Dach – kann gerade in ländlichen Gebieten den Arbeitsort für junge Ärzte und Fachkräfte attraktiv machen. Dann lassen sich Nachfolger finden, wenn eine Haus- oder Kinderärztin in Ruhestand geht und die Gesundheitsversorgung bricht nicht zusammen. Gleichzeitig müssen Patienten weniger Wege auf sich nehmen, wenn sie mehrere Therapiemöglichkeiten an einem Ort erhalten.

Was wollen wir eigentlich wirklich?

Belastungen für Patienten und Krankenhauspersonal vermeiden

Mehrtägige Krankenhausaufenthalte sind für Patienten oft eine Belastung. In vielen Fällen sind diese vermeidbar. Schon heute könnte jede fünfte stationäre Krankenhausbehandlung genauso gut ambulant erfolgen; das sind rund drei Millionen Fälle pro Jahr. 

Eine frühzeitige und qualifizierte ambulante Versorgung könnte in bis zu vier Millionen Fällen pro Jahr helfen, eine akute Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu vermeiden, die eine Kranhauseinweisung erfordert. Das gilt etwa bei der Be­hand­lung von Herz­in­suf­fi­zi­enz und Dia­be­tes.

Gut ausgestattete ambulante Strukturen sind daher wichtig. Dazu gehören ein gut erreichbarer notärztlicher Bereitschaftsdienst und eine alternative ambulante Versorgung von Menschen, die heute hauptsächlich zur besseren Überwachung und Pflege kurzzeitig ins Krankenhaus kommen – aber auch Modelle, die eine ärztliche Versorgung im ländlichen Raum überhaupt erst ermöglichen.

20%

Jeder fünfte Fall müsste nicht ins Krankenhaus

Gut 20 % der Patienten, die heute stationär im Krankenhaus behandelt werden, könnten genauso gut ambulant behandelt werden. Das betrifft etwa viele kleinere Operationen bei ansonsten gesunden Patienten, aber auch Untersuchungen.

Den betroffenen Patientinnen und Patienten – rund drei Millionen Menschen jährlich – könnte damit ein stationärer Krankenhausaufenthalt erspart werden. Gleichzeitig würde es das Krankenhauspersonal entlasten, wenn diese Behandlungen von Arztpraxen oder anderen ambulanten Einrichtungen übernommen würden.

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4 Mio.

Eine bessere ambulante Versorgung könnte vier Millionen Krankenhausfälle verhindern 

Bis zu vier Millionen Fälle landen jedes Jahr im Krankenhaus, weil sie nicht rechtzeitig oder nicht gut genug ambulant behandelt wurden. Oft handelt es sich dabei um vermeidbare Verschlimmerungen chronischer Krankheiten wie Diabetes oder die Folgen unbehandelten Bluthochdrucks. Um solche unnötigen Krankenhauseinweisungen zu vermeiden, sind nicht nur die Ärztinnen und Ärzte gefragt, sondern auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten, um die Behandlung von Risikopatienten besser aufeinander abzustimmen.

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Worauf es im Notfall ankommt

Bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute – aber Schnelligkeit allein reicht nicht aus. Entscheidend ist die schnelle Behandlung in einem gut ausgestatteten Notfallkrankenhaus mit Herzkatheterlabor mit 24-Stunden-Dienst. Wer erst in ein schlecht ausgestattetes Krankenhaus kommt und dann in eine Notfallklinik verlegt werden muss, verliert wertvolle Zeit. Deshalb fährt der Rettungsdienst im Notfall oft nicht in das nächstgelegene, sondern direkt in das am besten ausgestattete Krankenhaus. Ähnlich verhält es sich bei einem Schlaganfall.

Natürlich kann es sein, dass auch das nächstgelegene Krankenhaus die notwendigen Anforderungen erfüllt. Aber häufig ist das nicht der Fall. Zum Beispiel beim Herzinfarkt: Von den 1.887 Krankenhäusern in Deutschland versorgen 1.296 Kliniken Herzinfarktpatienten. Und nur 669 davon haben ein Herzkatheterlabor.

2/3

Spezialisierte Behandlung rettet Leben 

Die Sterblichkeit sinkt um zwei Drittel, wenn Patienten mit akutem Herzinfarkt innerhalb von 90 Minuten nach dem medizinischen Erstkontakt mit der entsprechenden Ausstattung (Herzkatheter) erfolgreich behandelt werden. 

Jeder zehnte Herzinfarkt wird nicht optimal versorgt

Zehn Prozent aller Herzinfarkte werden in Krankenhäuser behandelt, die keinen dafür notwendigen Herzkatheterlabor haben. Das betrifft rund 6.400 Patientinnen und Patienten jährlich.

10%

Worauf es bei schweren oder komplexen Erkrankungen ankommt

Für Patienten mit schweren oder komplexen Erkrankungen ist es besser und sicherer, in einem spezialisierten, gut ausgestatteten und erfahrenen Krankenhaus behandelt zu werden. Oft ist das nächstgelegene Krankenhaus nicht das geeignetste.

Spezialisierte Behandlung rettet Leben

Das Sterberisiko bei Gebärmutterhalskrebs sinkt um 26 Prozent, wenn die Behandlung in einem zertifizierten Krebszentrum erfolgt. Die Deutsche Krebsgesellschaft vergibt die Zertifikate an Krankenhäuser, die eine besondere Expertise in der Behandlung von Krebserkrankungen nachweisen können. 

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87%

Die Menschen bevorzugen eine fachgerechte Behandlung

87% der Bevölkerung sind bereit, längere Wege zum Arzt oder Krankenhaus in Kauf zu nehmen, wenn sie von einem Spezialisten mit besonders viel Erfahrung behandelt werden können. 

74 Prozent der Brustkrebs-OPs erfolgen in zertifizierten Zentren

Das heißt allerdings auch: 26 Prozent der Brustkrebs-Operationen werden an Krankenhäusern durchgeführt, die nicht als Brustzentrum zertifiziert sind. Das betrifft jährlich rund 26.700 Fälle.

Die Behandlungsqualität und letztlich die Überlebenschance von Brustkrebspatientinnen ist in zertifizierten Zentren nachweislich höher als in nicht zertifizierten Krankenhäusern. Dort werden viele Qualitätsaspekte unabhängig überprüft. Zwar gibt es auch gute Krankenhäuser, die die sich nicht zertifzieren lassen, doch mit einer Zertifizierung können sich Patientinnen und Patienten sicher sein.

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Welche Lösungen haben andere gefunden?

Es gibt nicht die “eine Lösung” für alle Situationen, aber es gibt viele Wege, einen Transformationsprozess anzugehen – etwa wenn ein Krankenhaus vor Ort schließen muss. Die folgenden Beispiele zeigen, wie komplex und wenig geradlinig diese Wege sein können – und dass auf der Suche nach Lösungen manchmal auch Umwege gegangen werden müssen. Unabhängig davon, ob eine neue Gesundheitsversorgung vor Ort bereits entstanden ist, sich noch in der Planung oder bereits im Bau befindet oder ob noch um den Weg gerungen wird: Aus den Erfahrungen vor Ort lässt sich viel lernen.